Über Klimafolgen und die weltweite Abhängigkeit
Erdöl ist nach Kohle der schädlichste fossile Energieträger für das Klima. Doch noch immer ist es aus unserem Alltag nicht wegzudenken. Oder? Wir stellen Länder vor, die mit einfachen Maßnahmen allmählich umsteigen.
Erst Anfang der 2000er warnten zahlreiche Experten vor der Endlichkeit des Erdöls, das vor allem in Industrieländern einen immer wichtigeren Stellenwert eingenommen hat. Die Menschen betreiben damit ihre Fahrzeuge, stellen Kunststoffe, Medikamente und sogar Kaugummis her. Und nun sollte in gerade einmal 40 Jahren nichts mehr so möglich sein wie bislang?
Mittlerweile gab es für die Wirtschaft längst Entwarnung, denn der technische Fortschritt erlaubt es, viel tiefer in die Erde zu bohren und dort liegende Erdölvorkommen anzuzapfen. Laut ADAC werden Erdöl-Felder nicht einmal vollständig geleert, sondern gelten bereits als erschöpft, wenn sich noch etwa 40 % unter der Erde befinden. Doch ab einem gewissen Punkt gibt das Speichergestein nicht mehr ausreichend Öl ab, als dass die Bohrung rentabel bleibt. Ein Ende der Erdölreserven ist also in nächster Zeit nicht zu befürchten – sehr wohl aber das Ende eines bewohnbaren Lebensraums.
Warum ist Erdöl schlecht fürs Klima?
Weil außerdem die Preise des schwarzen Goldes nie so stark gestiegen sind, wie es Experten voraussagten, besteht aus wirtschaftlicher Sicht kein Grund, aus dem Geschäft auszusteigen. Was jedoch mittlerweile klar ist: Erdöl ist schlecht fürs Klima. Bei der Verbrennung eines Barrels (159 Liter) entstehen zirka 230 kg des Treibhausgases CO2. Und somit ist ein anderes Gut gefährdet: das Leben. Laut dem Weltklimarat IPCC darf die Menschheit bis Ende des Jahrhunderts noch maximal 900 Gigatonnen CO2 in die Atmosphäre blasen. Bleiben wir bei unserem aktuellen weltweiten Verbrauch von mehr als 38 Milliarden Tonnen im Jahr (Stand 2019) bleiben uns lediglich 22 Jahre bis zur globalen Klimakatastrophe. Um die Obergrenze von einer Erderwärmung um 2° C im Vergleich zur vorindustriellen Zeit einzuhalten, müssten in der Zeit von 2010 bis 2050 ein Drittel der Ölreserven, die Hälfte der Gasreserven und mehr als 80 % der Kohlereserven unberührt bleiben.
Doch nicht nur das: Bis das Öl aus der Erde zum Verbraucher gelangt, hat es eine lange Reise um die halbe Welt hinter sich. Erdöl wird auf entlegenen Feldern gewonnen, in Lagerstätten gesammelt und zunächst aufwändig von Wasser, Schmutz und Salz befreit. Erst dann wird es über Pipelines oder zu speziellen Erdölhäfen geleitet und schließlich über weitere Rohre oder Öltanker zu Raffinerien transportiert. Hier wird das Öl zu verkäuflichen Produkten wie Kraftstoff oder Heizöl verarbeitet. Der wichtigste Ölumschlaghafen in Europa liegt in Rotterdam. Weil der Transport langwierig (ein Öltanker fährt durchschnittlich 28 km/h), teuer (ein Kilometer Pipeline kostet zwischen 0,5 und 1 Millionen Euro) und zudem wegen Unfällen und Leckagen gefährlich ist, beschließen immer mehr Staaten die Abkehr vom Erdöl.
Schweden hatte bisher die besten Perspektiven auf den finalen Ausstieg. 2015 kündigte das Königreich an, bis 2030 Strom und Wärme ausschließlich aus erneuerbaren Energien zu gewinnen. Zunächst sollte die Ölheizung abgeschafft werden – durch besonders hohe Steuern. Auch Norwegen ging diesen Schritt und erließ 2017 ein Gesetz, das das Heizen mit Öl verbietet. Bis 2020 sollten alle Haushalte auf umweltfreundliche Alternativen umgestiegen sein. Ökostrom ist hier jedoch ein eher geringes Problem, denn die meiste Energie wird durch Wasserkraftwerke erzeugt. Doch auch mitten auf dem Festland gibt es Möglichkeiten, den Erdöl-Konsum zu reduzieren: Das Schweizer Kanton Glarus beschloss erst in diesem September, neue Öl- und Gasheizungen zu verbieten. Und dann sind da noch die Elektroautos, die in Norwegen (fast 40 % der Neuzulassungen, Stand: 2016) und Schweden (6,3 %) wesentlich populärer sind als in Deutschland (1,6 %).
Game Changer Bioethanol
Mit 392,9 Millionen Tonnen Erdöl im Jahr 2017 sind die USA zweitgrößter Erdölimporteur weltweit. Vor ihnen liegt nur noch China. Deutschland belegt mit 90,7 Millionen Tonnen Platz 6. Um sich von den immer wieder stark schwankenden Ölpreisen sowie Importen unabhängig zu machen, suchten die USA einen Weg, weniger Erdöl zu verbrauchen. Die Lösung lag hier vor allem für den Verkehrssektor in Bioethanol. Seit Jahrzehnten sind die Vereinigten Staaten Marktführer bei Bioalkohol aus Mais und fördern schon seit den 1970er-Jahren die heimische Biokraftstoffproduktion. Mit Erfolg: Zwar kauften die Staaten 2019 noch für etwa 30 Milliarden Euro Öl ein, dennoch wurden sie durch Kraftstoffersatz weniger anfällig auf Auswirkungen vom Ölweltmarkt. Laut einer US-amerikanischen Studie reichen hier bereits geringe Mengen. Die steigende Beimischung von Bioethanol zu Kraftstoffen reduziert den Bedarf an Rohöl um 514 Millionen Barrel in den USA.