EU-Kommission und Verbände fordern geringere Steuersätze für Biokraftstoffe
Sprit aus nachwachsenden Rohstoffen ist gut für die Umwelt und sollte demnach günstiger an den Verbraucher gehen – sollte man meinen. Tatsächlich werden Biokraftstoffe genauso hoch besteuert wie fossile Kraftstoffe. Ein Vorschlag der EU-Kommission soll das ändern.
Es gab einmal eine Zeit, da genoss Bioethanol in Deutschland einen Sonderstatus: Er galt als besonders förderungswürdiger Kraftstoff und war damit steuerfrei. Und nicht nur er, auch andere Biokraftstoffe wie Biodiesel. Zugleich führte die damalige Bundesregierung 2007 eine Beimischungspflicht von nachhaltigen zu konventionellen Kraftstoffen mit festen Quoten ein. Doch dann fiel 2015 der § 50 Abs. 2 im Energiesteuergesetz weg – und Bioethanol wurde steuerlich mit fossilen Kraftstoffen gleichgesetzt. Nun unterliegen alle Kraftstoffe in Deutschland grundsätzlich der Energiesteuer und der 2021 neu eingeführten CO2-Steuer. Zwar betreffen die Änderungen vor allem Inverkehrbringer von Sprit, zu spüren sind sie aber auch für den Autofahrer – nämlich an der Tanksäule.
Das Energiesteuergesetz und die CO2-Steuer
Das Energiesteuergesetz löste im August 2006 das bis dahin geltende Mineralölsteuergesetz ab. Es war ein notwendiger Schritt, um die Vorgaben der europäischen Energiesteuerrichtlinie (Richtlinie 2003/96/EG, ETD) zu erfüllen. Darin steht, dass Energieerzeugnisse, die durch Benzin oder Diesel ersetzt werden könnten, dem gleichen Steuersatz unterliegen wie diese fossilen Kraftstoffe. Es wird lediglich nach dem Verwendungszweck Kraftstoff und Heizstoff unterschieden. Bioethanol etwa kann für beides verwendet werden und wird je nach Einsatz unterschiedlich besteuert. Im Hinblick auf die Verwendung im Verkehr als E10 also wie Benzin. Der Steuersatz liegt für 1000 Liter bleifreies Benzin bei 654,50 Euro. Zur Orientierung: Europa hat hier ein Minimum von 359 Euro angesetzt.
Den ambitionierten Klimaschutzzielen der EU versucht Deutschland zudem über eine Treibhausgasminderungsquote gerecht zu werden. Als Instrument dient eine CO2-Bepreisung von Emissionen. Sie trat 2019 mit dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) in Kraft, 2021 folgte noch ein nationales Emissionshandelssystem. Damit setzt die Regierung die Erneuerbare-Energien-Richtlinie (EU) 2018/2001 (RED II) in deutsches Recht um. Es bestimmt, wie viel und welche Biokraftstoffe bis 2030 zum Klimaschutz beitragen sollen. Mindestens 14 Prozent des gesamten Energieverbrauchs muss aus erneuerbaren Quellen stammen. Mineralölunternehmen müssen die THG-Emissionen ihres verkauften Kraftstoffes aus einem Jahr um eine bestimmte Quote verringern, die die Regierung vorgibt. Dazu ist es ihnen erlaubt, zum Beispiel Benzin mit Bioethanol zu vermischen.
Seit 2021 entrichten Inverkehrbringer eine CO2-Steuer auf Heizöl, Erdgas und Kraftstoffe. Eine Voraussetzung ist jedoch vorher der Erwerb von Emissionsrechten in Form von verpflichtenden Zertifikaten (s. Nationaler Emissionshandel). Zunächst lag der Steuersatz bei 25 Euro pro Tonne CO2, seit Januar 2022 liegt er bei 30 Euro und bis 2025 steigt er auf 55 Euro. Für Benzin ergibt sich laut Berechnungen des Mineralölwirtschaftsverbands so seit Jahreswechsel inklusive einer Mehrwertsteuer von 19 Prozent eine erneute Preissteigerung von 1,4 Cent pro Liter Superbenzin (2021 waren es sieben Cent). Neu ist auch ein erhöhter Strafsatz, sollte ein Unternehmen diese Minderungsquote nicht erreichen: statt bisher 460 Euro pro Tonne CO2-Emission sind es mit Inkrafttreten 600 Euro.
Dadurch wird der sogenannte Quotenhandel wichtiger. Bisher konnten Unternehmen die Quote auch durch den Verkauf von Biokraftstoffen erzielen. Das ist nun nicht mehr möglich. Biokraftstoffe können nur noch angerechnet werden, wenn sie aus Abfall-Biomasse hergestellt werden. Stattdessen können verpflichtete Unternehmen Quotenpapiere von Dritten einkaufen. Hier entsteht eine starke Abhängigkeit von der Elektromobilität: Da sich ab 2022 Betreiber von Ladesäulen – ob gewerblich oder privat – den „getankten“ Strom mehrfach auf ihre THG-Quote anrechnen lassen können, erreichen sie die Mindestquote schneller als andere Anbieter. Den „Überschuss“ können sie dann an andere Unternehmen verkaufen. Ein Weiterverkauf einmal gehandelter THG-Quoten ist allerdings nicht möglich.
Verbände und EU-Kommission fordern Unterscheidung
Seit Jahren fordern Biokraftstoffverbände, dass die Energiesteuer für Kraftstoffe von einer mengenbasierten auf eine CO2-orientieren Besteuerung umgestellt wird. Dann wären emissionsarme oder gar neutrale Kraftstoffe gegenüber fossilen Energieträgern im Vorteil – mit entsprechenden Anreizen für Verbraucher und Hersteller. Denn die Besteuerung schlägt sich letztlich auch an den Literpreisen an Tankstellen nieder. Im Rahmen des Fit-for-55-Pakets hat die EU-Kommission tatsächlich einen derartigen Vorschlag gemacht. Nicht nur sollen Erzeugnisse nach Energiegehalt besteuert werden, auch wurde vorgeschlagen, Biokraftstoffe explizit als eigenes Energieerzeugnis zu behandeln und entsprechend mit eigenen Mindeststeuersätzen zu versehen, die deutlich unter denen für fossile Kraftstoffe liegen. Abgesegnet ist jedoch noch nichts: Zunächst berät sich der EU-Rat und muss einstimmig für die Änderung der Energiesteuerrichtlinie entscheiden.