E10 als Steuersparmodell?
Der Liter Superbenzin (95 Oktan, E5) kostete im November 2021 durchschnittlich 1,75 Euro an der Tankstelle. Im vergangenen Jahr waren es noch 1,24 Euro. Was hat sich seither getan und wie setzt sich der Kraftstoffpreis überhaupt zusammen?
Wer in den vergangenen Monaten die Spritpreise an der Tankstelle beobachtet hat, stellte fest: Kraftstoffe werden immer teurer und selbst der günstigere Ottokraftstoff E10 hat einen Sprung in die Höhe gemacht. Warum?
Ein Zusammenspiel aus Preisen auf dem Weltmarkt und nationalen Richtlinien sowie Steuern ergeben den Kraftstoffpreis in Deutschland. Zum einen beeinflusst der aktuelle Dollarkurs den Preis für Rohöl, zum anderen spielen auch etwaige Konjunkturerwartungen mit. Bis heute wird der flüssige Rohstoff nämlich international in der US-amerikanischen Währung gehandelt. Je nachdem welchen Wert der Dollar hat, verändert es auch den Barrelpreis von Rohöl. Doch bis das Öl von der Quelle in den Autotank gelangt, wollen mehrere Institutionen daran verdienen: Mineralölkonzerne, Tankstellenbetreiber, aber vor allem der Staat.
Bislang verdiente der vor allem an der Mineralölsteuer, die vor einigen Jahren durch die Energiesteuer ersetzt wurde. Hinzu kommt der sogenannte Erdölbevorratungsbeitrag (EBB): Davon werden in Deutschland gelagerte Rohölreserven für Krisenzeiten finanziert. Seit 2021 kommt in Deutschland zusätzlich eine CO2-Steuer dazu, die Inverkehrbringer auf Heizöl, Erdgas und Kraftstoff zahlen. Sie sind dazu verpflichtet, bestimmte Zertifikate und damit sogenannte Emissionsrechte zu erwerben. Zunächst betrug die CO2-Steuer 25 Euro pro Tonne CO2-Emission, seit Jahreswechsel liegt sie bei 30 Euro. Für Benzin ergibt sich im laufenden Jahr dadurch ein Preiszuschlag von 1,4 Cent pro Liter inkl. 19 Prozent Mehrwertsteuer (mit der Einführung der CO2-Steuer waren es bereits sieben Cent). Die neue Bepreisung hat also einen großen Einfluss darauf, wieviel wir an der Tankstelle zahlen, und wird kontinuierlich steigen.
Hier eine Beispielrechnung (Quelle: Bundesverband freier Tankstellen) mit dem Literpreis von E10:
Kombiniert mit einer wachsenden Nachfrage, insbesondere nach dem Lockdown-Jahr 2020, stiegen so die Preise 2021 schwunghaft an. Und sie betreffen letzten Endes stets den Verbraucher – nicht nur direkt an der Zapfsäule. Speditionen, Handwerker und andere Dienstleister schlagen die Kraftstoffkosten auf ihre Preise auf.
Verbraucher haben keinerlei Einfluss auf die Preiszusammensetzung von Kraftstoffen. Sie können allerdings die Entwicklung beobachten und zu bestimmten Zeiten und an bestimmten Tankstellen tanken. Vor allem in den späten Abendstunden an Werktagen sinken die Preise bis zum nächsten Morgen gegen 6 Uhr. Zum Wochenende hin steigen die Preise allgemein wieder.
Kommt die Vergünstigung für E10-Kraftstoff?
Doch was ist mit Biokraftstoffen und vermischtem Benzin? Sollte die Steuer für diese nicht geringer ausfallen? Nach dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) könnte ein höherer Bioethanolanteil im Benzin zu geringerer Besteuerung führen, wie aus einem Sachstand der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages hervorgeht. Rechtlich ist das aber nur möglich, wenn die verwendeten Rohstoffe von der Saat bis zur Verarbeitung nachhaltig produziert sind. Dazu werden alle Glieder der Produktionskette geprüft. Die Rohstoffe für Bioethanol müssen zu einer CO2-Emissionseinsparung von mindestens 50 Prozent beitragen, bei modernsten Anlagen sogar 65 Prozent. In Deutschland kein Problem, zeigt der aktuelle Evaluationsbericht der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung: Unter den Kraftstoffen, die Benzin ersetzen, erzielte Bioethanol im Anrechnungsjahr 2020 mit 92,02 Prozent die höchste Einsparung. Auch europaweit liegt die durchschnittliche Einsparung mit Bioethanol gegenüber fossilen Kraftstoffen mit 75,5 Prozent weit über der EU-Mindestanforderung von 35 Prozent (für Biokraftstoffe).
Die Energiesteuer macht mehr als die Hälfte des Endpreises von Superbenzin aus, da diese nach Energiewert gestaffelt ist. Obwohl E10 einen höheren Anteil Bioethanol – also Biokraftstoff –, beinhaltet, wird er steuerlich mit fossilem Benzin gleichgesetzt. Gleichzeitig verursacht E10 weniger CO2-Emissionen als Super 95 und sollte deshalb auch in Hinblick auf die CO2-Steuer entlastet werden. Im Sommer 2021 hat die EU-Kommission einen entsprechenden Vorschlag vorgelegt. Das Urteil des EU-Rats steht jedoch noch aus.