Smudo fordert mehr Nachhaltigkeit im Motorsport
Mehr als 20 Klassen beim 24-Stunden-Rennen und in nur einer werden nachhaltige Antriebsformen genutzt. Das ist Rennfahrer und Rapper „Smudo“ zu wenig. Er appelliert an den Veranstalter, sich stärker für Nachhaltigkeit im Motorsport einzusetzen – sonst könnte es mittelfristig keinen Autorennsport mehr geben.
Mehr Alternativen braucht das Land! Ach, nein: Mehr Alternativen braucht der Motorsport! Und zwar alternative Antriebsformen. Jedenfalls, wenn es nach Rennfahrer und Fantastische-Vier-Rapper Michael „Smudo“ Schmidt geht. Denn genau das forderte er beim 51. 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring Mitte Mai 2023.
Dort treten jedes Jahr mehrere Hundert Rennfahrer gegeneinander an. Das Ziel: Innerhalb von 24 Stunden so viele Runden auf der 25,378 Kilometer langen Strecke zurücklegen, wie es geht. Das Event erreicht mittlerweile mehr als 200.000 Zuschauer und bietet damit eine starke Plattform, um zum Beispiel neue Technologien vorzustellen. Doch bei mehr als 20 Klassen beschäftigt sich nur eine mit alternativen Antriebsformen, was Smudo in diesem Jahr mächtig gegen den Strich ging. In der Live-Übertragung richtete er seine Worte an den Veranstalter ADAC Nordrhein und kritisierte, dass sich der Verein nicht darum bemühe, den Motorsport nachhaltiger zu gestalten. Er forderte mehr alternative Kraftstoffe und stärkere Bemühungen in Richtung Nachhaltigkeit, im Notfall auch durch Regelanpassungen.
Team Four Motors ging mit neuer Kraftstoffmischung an den Start
Die Klasse AT (Alternative Antriebsformen) wurde einst eingeführt, um neuartige Antriebsformen und Kraftstoffe zu fördern und umweltfreundliche Technologien im Motorsport zu unterstützen. In dieser Klasse treten etwa Fahrzeuge mit Elektroantrieb, Hybridantrieb oder alternativen Energiequellen wie Erdgas, Flüssiggas (LPG) und Wasserstoff, gegeneinander an. Doch darüber hinaus tut sich nicht viel. Dabei hat die Umweltdebatte rund um Klimawandel, CO2-Emissionen und Energiewende längst auch den Motorsport erreicht.
Smudo und sein Team Four Motors sind seit 20 Jahren mit einem Biosprit-Projekt beim 24-Stunden-Rennen dabei und setzen auf sogenannte Bioconcept Cars. Ihr Porsche 911 GT3 Cup und die beiden Porsche Cayman GT4 bestehen teilweise aus Naturfaserleichtbauteilen und nutzen recyceltes High Performance Racing-Öl für den Motor und das Getriebe sowie abriebärmere Bremsen und Reifen. In diesem Jahr stellte das Team zudem CO2-reduzierte Felgen vor, die zu 70 Prozent aus recyceltem Aluminium bestehen.
Betankt wurden ihre Autos mit einer neuen Kraftstoffformulierung: Die Basis bildet ein Kraftstoff namens Blue Gasoline mit 40 Prozent erneuerbaren Komponenten wie Rest- bzw. Abfallstoffe, und zehn Prozent Reststoff-Ethanol. Mit weiteren 10 Prozent Ethanol on top spart das Team damit laut Smudo 40 Prozent CO2 im Vergleich zu einem vollfossilen Kraftstoff ein. „Ich frage mich, warum hier nicht alle damit fahren.“ Fast jedes Auto, das nach 2011 gebaut wurde, verträgt einen höheren Anteil Bioethanol – einige wenige Hersteller garantieren sogar mehr als 20 Prozent. „Wir tanken jetzt schon E10. Und wo E10 geht, geht auch E20“, sagt Smudo.
Smudo sieht Zukunft des Motorsports gefährdet
Andere Rennsportserien haben sich laut dem Rapper mit der Problematik auseinandergesetzt und entsprechend reagiert: Beim IndyCar in den USA fahren alle Rennwagen seit 2007 mit 100-prozentigem Ethanolkraftstoff und die WRC feierte 2022 das Debüt der neuen Autogeneration, der Rally1-Autos mit Hybridantrieb.
Hierzulande entwickle sich der Motorsport trotz Klimawandel und Aufrufen zur Energiewende hingegen weiter zur „Energie-CO2-Rauschleudermaschine“. „Das muss man sich wirklich mal scharf überlegen“, sagt Smudo, „ob man angesichts der Situation glauben kann, dass man hier noch in fünf, sechs Jahren fährt, wenn man nicht anfängt, grüne Signale zu senden.“ Hier sieht er ganz klar den Veranstalter ADAC Nordrhein in der Verantwortung, und hat auch schon erste Ideen. Neben einem Nachhaltigkeitsbeauftragten und einer möglichen Bio-Sprit-Pflicht für alle schlägt er vor: „Und vielleicht eine Balance of Power, das heißt: Wer CO2 spart, bekommt weniger Gewicht ins Auto oder einen größeren Restriktor.“
Beides sind Mittel, um die Leistungsfähigkeit der Fahrzeuge auszugleichen und faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Zum Beispiel müssen Fahrzeuge, die aufgrund ihres Designs, ihrer Technologie oder anderer Faktoren von Natur aus im Vorteil wären, zusätzliches Gewicht tragen, um ihre Leistung zu beeinträchtigen. Auf der anderen Seite erhalten Fahrzeuge, die möglicherweise im Nachteil sind, Gewichtserleichterungen, um ihre Leistung zu verbessern. Der Gedanke dahinter ist, dass durch die Anpassung des Gewichts die Fahrzeuge auf ähnliche Leistungsniveaus gebracht werden, was den Wettbewerb spannender macht und keine bestimmte Fahrzeugart oder Technologie bevorzugt.
Restriktoren werden ebenfalls häufig eingesetzt, um die Leistung von Fahrzeugen auszugleichen. Dabei handelt es sich um ein Bauteil, das den Luft- oder Kraftstoffdurchfluss begrenzt und somit die Leistung des Motors reduziert. Dies kann durch die Verwendung eines kleineren Ansaugrohrs oder eines Luftmengenbegrenzers erreicht werden. Restriktoren werden oft in Rennserien eingesetzt, um sicherzustellen, dass Fahrzeuge mit unterschiedlichen Motorarten oder -größen vergleichbare Leistungsniveaus haben.
Motorsport als Vorreiter für grüne Technologien
Die Motivation folge dann von selbst. „Wie schnell werden die Ingenieure anfangen, sich geile Techniken auszudenken, um ihre Autos CO2-ärmer zu machen?“ Und nicht nur die Rennfahrer profitieren davon. Denn letztlich bestand der ursprüngliche Gedanke des Motorsports darin, Technologien für den normalen Straßenverkehr zu erproben und weiterzuentwickeln. So wurden beispielsweise fortgeschrittene Bremssysteme wie Keramikbremsen und Carbon-Kohlefaser-Bremsen, das sequenzielle Schaltgetriebe oder Antiblockiersystem auf der Rennstrecke getestet und später in Straßenfahrzeugen adaptiert. „Und das kann man auch mit grünen Komponenten“, meint Smudo.
Sein Team-Chef Thomas von Löwis of Menar sieht die Thematik nicht anders. In einem Interview sagte er: „Es ist zwingend notwendig, den CO2 -Anteil in der Mobilität soweit es geht zu senken.“ Auch wenn das Verbrenner-Aus beschlossene Sache ist, werden nach 2035 noch etwa 35 Millionen (ältere) Benziner und Diesel im Einsatz sein. Und deren Emissionen sollten so weit wie möglich reduziert werden. „Die Technologien, die wir in unseren Fahrzeugen nutzen, könnten schon morgen für die Straßenautos zur Verfügung stehen.“
Mit ihrer Teilnahme am 24-Stunden-Rennen setzen Smudo und das Team Four Motors mit ihren Bioconcept-Cars ist ein starkes Signal für den Umweltschutz im Motorsport. Sie zeigen, dass Veränderungen möglich sind und dass der Motorsport seinen Beitrag zum Kampf gegen den Klimawandel leisten kann. Es bleibt zu hoffen, dass solche Initiativen weitere Innovationen und Fortschritte in Richtung nachhaltigerer Motorsporttechnologien und -praktiken vorantreiben. Alternative Kraftstoffe und umweltfreundliche Materialien im Motorsport könnten letztendlich nicht nur die Umweltauswirkungen verringern, sondern auch andere zur Entwicklung umweltfreundlicher Lösungen im Straßenverkehr inspirieren.
Wir haben den ADAC Nordrhein zu der Kritik und zu Plänen einer nachhaltigen Gestaltung des 24-Stunden-Rennens befragt. Bis zum Redaktionsschluss hat sich der Verein leider nicht dazu geäußert. Es wird empfohlen, weitere aktualisierte Aussagen oder Stellungnahmen des ADAC Nordrhein zu suchen, um ein umfassenderes Bild zu erhalten.