Eine effiziente Lösung für Nischenfahrzeuge
Bioethanol im Benzin – das sind wir schon längst gewohnt. Aber im Dieselmotor? Die Ergebnisse am Abgas-Prüfstand sind erstaunlich. Für Nutzfahrzeuge wie Traktoren, Lastwagen und Busse könnte dies die effiziente Alternative zur E-Mobilität sein.
Unter den Verkehrsträgern ist die Straße der Klimasünder Nummer Eins – Straßenfahrzeuge haben im Jahr 2018 rund 18 Prozent des weltweiten Ausstoßes von Kohlendioxid (CO2) produziert. Allein in der EU wurden im selben Jahr rund 888 Millionen Tonnen CO2 durch die Verbrennung von Kraftstoffen im Straßenverkehr in die Luft gepustet, teilte das Statistische Bundesamt mit. Davon machten Schwerlastwagen, Busse und leichte Nutzfahrzeuge 38 Prozent aus, Pkw und Motorräder den Rest. Während es für kleinere Fahrzeuge längst umweltfreundlichere Alternativen, wie zum Beispiel Biokraftstoffe oder Elektromobilität, gibt, gestaltet sich das Ganze im Gütertransport weiterhin schwieriger.
Erste Ethanol-Dieselmotoren gab es schon 1989
Die meisten Großfahrzeuge, Baumaschinen und Traktoren werden bis heute mit Diesel betrieben – denn bislang gilt dieser als der mit Abstand effizienteste Kraftstoff. Das liegt daran, dass Diesel im Vergleich zu Benzin einen wesentlich höhere Energiewert hat. Zwar gibt es längst strombetriebene Großfahrzeuge, doch schneiden diese schlecht ab: Die Kapazitäten der Akkus sind für eine effektive Nutzung der Fahrzeuge noch nicht ausreichend. Der Dieselmotor wird also auch in Zukunft für Betriebe, Bauunternehmen, Flottenbetreiber und Landwirte unverzichtbar bleiben.
Doch auch hier soll es eine klimafreundliche Lösung für Maschinen geben: Bereits 1989 führte die schwedische Firma Scania erste Bioethanol-Motoren ein, 26 Jahre später arbeitete sie bereits an der vierten Generation. Diese entsprachen bereits der Euro-6-Norm, hatten eine effiziente Abgasnachbehandlung (also eine Reinigung der Verbrennungsgase) und ihr Leistungsniveau kam dem von Dieselmotoren gleich. Das Geheimnis: Scania benutzte den Biokraftstoff ED95 (Ethanoldiesel). Das ist sogenanntes additiviertes Ethanol aus pflanzlichen Rohstoffen, versetzt mit fünf Prozent Zündverbesserer und Schmiermittel. In Kombination mit Anpassungen im Kraftstoffeinspritzsystem und an den Zylindern sorgt der Motor dafür, dass der Kraftstoff so stark verdichtet wird, dass der Verbrenner wie ein herkömmlicher Dieselmotor nach dem Prinzip der Selbstzündung funktioniert.
Bioethanol in Lkw effizienter als E-Motor
Eine Studie des Instituts für Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik der TU Wien knüpfte an die Entwicklung von Scania an und prüfte nun erstmals präzise das Emissionsverhalten der modifizierten Diesel-Motoren am Pkw-Prüfstand. Das Ergebnis war eine massiv verbesserte CO2-Bilanz, stark reduzierte Partikel- und Stickoxidemissionen und sogar ein verbesserter Wirkungsgrad des Motors.
ED95 wird nahezu rußfrei verbrannt, was sich positiv auf die Stickstoffreduktion auswirkt. Denn bei normalem Diesel hängt die Stockstoffemission von den ausgestoßenen Partikeln ab. Es wäre also möglich, den Motor so abzustimmen, dass ED95 auch beim Stickstoff viel bessere Werte erzielt. „Unsere Ergebnisse zeigen deutlich, dass nachhaltig hergestellter Ethanol-Diesel erfolgreich als Ersatzkraftstoff in einem modifizierten Dieselmotor eingesetzt werden kann und dass dieses Konzept der Umwelt erhebliche Vorteile bringt“, sagt Institutsvorstand Univ. Prof. Dr. Bernhard Geringer. Denkbar wäre seiner Meinung nach nicht nur der Einsatz in Dieselmotoren und Generatoren, sondern auch in seriellen Hybridfahrzeugen. ED95 könnte dazu dienen, die Energie für den Elektromotor bereitzustellen. Die Möglichkeiten für den Einsatz sind also zahlreich.
Dennoch gibt es auch hier Grenzen: Zum einen ist wegen der umfangreichen Anpassungen am Motor kein Wechselbetrieb zwischen Ethanoldiesel und herkömmlichen Diesel möglich. Weil nicht genügend Ackerflächen zur Verfügung stehen, wäre es außerdem nicht realisierbar, ED95 für den breiten Verkehr bereitzustellen. Er eignet sich demnach nicht als Konkurrenz zur Elektromobilität, sondern als sinnvolle Ergänzung für Nischenfahrzeuge, die zwangsläufig auch klimaschonend werden müssen.