Klimafreundlicher Verkehr – nur mit Bioethanol

Studie sieht in Ethanol Biokraftstoff der Zukunft

Datenexperten aus Griechenland belegen in einem neuen Bericht, dass Bioethanol auf stärkehaltiger Pflanzenbasis die kosteneffizienteste Lösung für nachhaltigen Verkehr sei. Doch die Europäische Kommission fördert vor allem Elektromobilität und fortschrittliche Biokraftstoffe. Stützt sie sich auf veraltete Daten?

Ein Team aus Analysten und Modellierungsexperten der griechischen Firma E3-Modelling kam zu dem Ergebnis, dass Bioethanol ab 2030 der kosteneffizienteste Biokraftstoff sein wird – wenn er aus stärkehaltigen Pflanzen hergestellt wird. Der Bericht legt nahe, dass sich die Europäische Kommission in Bezug auf die Dekarbonisierung des Verkehrs auf veraltete Daten stützt.

Als Voraussetzung für den Erfolg von Bioethanol in der nahen Zukunft sehen die Autoren mehrere EU-weite gesetzliche Anpassungen: Allem voraus fordern sie, dass die EU-Politiker eine Realitätsprüfung vornehmen – die Charakterisierung von Bioethanol in Bezug auf Produktionskosten und Emissionen müsse aktualisiert werden. Zweitens sei es zwingend erforderlich, die Anbaubegrenzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II) aufzuheben. Für den Anbau von Rohstoffen für die Bioethanolherstellung sind gerade einmal 2,8 % der Gesamtackerfläche vorgesehen.

Mit angepassten Grenzwerten ließe sich die Nachfrage nach Bioethanol verdoppeln oder verdreifachen.

Außerdem sehen die Experten auch in den Grenzwerten in der Biokraftstoffrichtlinie (FQD, Richtlinie 2003/30/EG) ein großes Hindernis: Sie verhindern etwa eine höhere Beimischung von Bioethanol in Benzin. Würden die FQD-Grenzwerte auf E20 oder E30 erhöht, könnte sich im Optimalfall die Nachfrage verdoppeln oder verdreifachen. Seitens der Ethanolindustrie und Verbänden ist schon länger im Gespräch, ob und wann der Kraftstoff E20 auf den deutschen Markt gebracht wird.

EU-Kommission rechnet mit Daten von 2000-2010

Für ihre Folgenabschätzungen stützt sich die Europäische Kommission regelmäßig auf das sogenannte PRIMES-Modell. Dabei handelt es sich um eine Darstellung, die das europäische Energiesystem sowie europäische Märkte auf Länderbasis simuliert. Das Modell liefert detaillierte Energiebilanzen über Nachfrage und Angebot, CO2-Emissionen, Investitionen, berücksichtigt dabei Energietechnologien, Preise und Kosten sowie wirtschaftliche Entwicklungen, politische Beschränkungen und technologischen Fortschritt. Alle fünf Jahre wird das PRIMES-Modell aktualisiert – für den Zeitraum von 2015 bis 2050. Das Problem: Die Daten basieren auf Eurostat-Statistiken von 2000 bis 2010.

E3 nutzt dieselbe Simulationstechniken wie das PRIMES-Modell, allerdings mit aktualisierten Marktinputdaten und unter Berücksichtigung des technologischen Fortschritts in den vergangenen Jahren. Insbesondere bezieht er die vielschichtige Rolle von Bioethanol ein – so zum Beispiel die zahlreichen Nebenprodukte, die in Multiproduktanlagen entstehen. Denn vor zehn oder gar 20 Jahren waren die Produktionsstätten längst nicht so fortschrittlich, effizient und nutzbringend wie heute. Biokraftstoffe aus ganzen Pflanzen (1. Generation), wie sie heute auf dem Markt üblich sind, haben demnach kaum noch etwas mit denen der Vergangenheit zu tun. Neben ihnen schneiden selbst die von der EU-Kommission geförderten fortschrittlichen Biokraftstoffe, also aus Abfällen und Reststoffen (2. Generation) in der Summe kostentechnisch schlecht ab.

So viel kostet die Produktion von Biokraftstoffen.

Stark verkürzt heißt es im Bericht demnach: „Die politikrelevante technische Analyse zeigt, dass Bioethanol auf Getreide-Basis eine kosteneffiziente Maßnahme zur CO2-Reduktion im Verkehrssektor bis 2030 ist. […] Bioethanol aus stärkehaltigen Pflanzen erzielt negative Vermeidungskosten, da der Preis von Bioethanol niedriger ist als der höhere Benzinpreis vor der Besteuerung.“

Vermeidungskosten von Treibhausgasen (THG) beschreiben, wie viel zum Beispiel ein Unternehmen für Klimaschutzmaßnahmen pro Tonne vermiedener CO2-Emissionen zahlen muss Spart ein Kraftstoff in der Gesamtrechnung CO2 ein, liegt also unter 0, nennt man das negative Vermeidungskosten. Berücksichtige man zudem die Nebenerzeugnisse wie Viehfutter, Gluten und biogenes CO2 wird laut der E3-Simulation Bioethanol aus stärkehaltigen Rohstoffen die niedrigsten Produktionskosten aller im Jahr 2030 hergestellten Biokraftstoffe haben. Ein günstiger Nebeneffekt wird zum Beispiel die wachsende Nachfrage nach proteinreichen Futtermitteln aus Multiproduktanlagen in der EU sein, um sich von Sojaimporten unabhängig zu machen. Das wiederum spielt auch in Bezug auf die EU-Klimaziele eine relevante Rolle.

Kosten, um CO2 zu vermeiden

Die Studie macht darauf aufmerksam, welches Potenzial in Bioethanol steckt, insbesondere aus stärkehaltigen Rohstoffen. Die modellgestützte Analyse zeigt, dass vor allem Rechtsvorschriften das größte Hemmnis darstellen. Sie halten den Biokraftstoff derzeit klein. In Deutschland spielt die Fokussierung der Regierung auf Elektromobilität mit, europaweit führt jedoch auch die RED II dazu, dass Bioethanol nicht so breit in der EU eingeführt wird, wie es im Idealfall möglich wäre. Klar wird allerdings, dass sowohl Biokraftstoffe als auch die Elektromobilität dazu beitragen werden, die CO2-Emissionen im Verkehr bis 2030 zu senken – und sich von Erdölimporten unabhängiger zu machen. Das Gleichgewicht zwischen den beiden wird stark von der Kostenentwicklung für E-Autos und Strom beeinflusst werden. Für den Endverbraucher wird die pflanzenbasierte Alternative allerdings mit Sicherheit die günstigere. Mehr dazu in Kürze auf UMTANKEN.info.

Wenn Du die Wahl hättest: Lieber Strom oder Biokraftstoffe tanken?

Ähnliche Artikel